Editorial Nr. 250
Liebe Leserinnen und Leser,
nicht zum ersten Mal sitzt ein Schriftleiter in „Kriegszeiten“ an der Endredaktion des Mitteilungsblattes. Und ähnlich wie im September 1939, die Nr. 52 war bereits gesetzt und im Druck, ist es, was das Heft Nr. 250 angeht, kaum anders. Niemand, fast niemand hätte sich nach 1989 zumindest in Europa das träumen lassen, was sich nun in der Ukraine abspielt. Viele vertrauten sogar auf Francis Fukuyamas Begriff vom „Ende der Geschichte“. Dass es nicht kam und nicht kommen wird, ist im Grunde eine Binsenweisheit. Das „Rad der Geschichte“ lässt sich weder anhalten noch zurückdrehen. Eher lässt sich mit zweifachem Schrecken zurückblicken. Was schon alles geschah, führt zum ersten Schock und, wie wenig wir Menschen daraus lernten, zum zweiten. Vielfältig sind die Faktoren, die das Rad in Bewegung halten. Herrschafts- und Machtinteressen waren und sind ein Faktor, der sich gern der Gewalt bedient und Lessings Wort, was Blut koste, sei kein Blut wert, achtlos beiseite schiebt. Die Hoffnung auf einen begrenzten Konflikt bleibt schal, weil ein sicherer Friede in Europa und der Welt seit 2022 in weiter Ferne liegt.
1939 war, gerade in Deutschland, von Frieden nicht die Rede, obwohl das Wort damals wie heute gern gebraucht wurde und wird.
1939 sollte der Feind besiegt werden, und anfangs tönten in Deutschland die Siegesfanfaren. Wie es dazu kam, dass die deutsche Bevölkerung die nationalsozialistischen Eroberungs- und Raubkriege mittrug, ist ein weites Feld. Ein ganz, ganz kleines Stückchen dieses Feldes beleuchtet der Beitrag über das Schicksal der Schülermützen, der „bunten Kakadumützen“, des Gymnasiums zwischen 1933 und 1936. Er verdeutlicht ein wenig, wie alte und neue Sozialisationsinstanzen junge Menschen so formen können, dass sie nicht nur singen, die Fahne sei für sie mehr als der Tod, sondern diesem Satz sogar blindlings folgen. Gerhart(d) Mangold, Schüler des Gymnasiums, HJ-Führer und dann Soldat ist, neben weiteren Schülern - und auch Schülerinnen - ein Beispiel dafür, wozu herrschende Eliten Menschen treiben, wenn ein Propagandaapparat sie manipuliert und ihnen die Fähigkeit kritischer Reflexion nicht vermittelt worden ist. Heinrich Schwing ließ Gerhart(d) Mangold gleich als ersten unter der Überschrift „‚Wilinaburgia‘ in Kriegszeiten“ in der Nummer 53 (Dez. 1939) zu Wort kommen und davon schwafeln, dass „sie [die Soldaten] hier vorne alles daransetzen, um den echten Frieden so bald als möglich zu erreichen“. - Was alles folgte, ist bekannt.
Den Vorstand treibt nun schon im dritten Jahr allerdings noch eine ganz andere Sorge um. Die Planungen für das 100-jährige Vereinsjubiläum liefen auf Hochtouren, als die Corona-Pandemie jede Feierlichkeit zunichte machte. Die Festschrift konnte zwar rechtzeitig im Jubiläumsjahr 2021 erscheinen, doch das Fest, das die Mitglieder, die Schule und die Freunde des Vereins zusammenführen sollte, konnte nicht stattfinden. Schnell war sich der Vorstand jedoch einig, dass es, wenn irgend möglich, nachgeholt werden sollte. Hoffen wir, dass die Zeitläufte dies trotz allem zulassen werden.
Als Termin für die Jubiläumsfeier ist nun der 16. Juli vorgesehen. Erste Informationen finden Sie auf Seite 36.
Im engen Zusammenhang mit dem Jubiläum steht der „Sponsorenlauf“ am 14. Juli. Gesponsert werden soll, wie bereits im Jahr 2019, vor allem die „Himalayan Care Foundation“, die von unserem Vorstandsmitglied Dr. Walter Staaden mitbegründet wurde. Lesen Sie mehr darüber auf den ersten Seiten der Nr. 250.
Zweihundertundfünfzig. Auch das ist ein stolzes Jubiläum. Doch die Schriftleitung hängt es, wie ihre unmittelbaren Vorgänger, nicht an die große Glocke, sondern verspricht Ihnen, die lange Reihe, zu der ja auch noch drei „Feldpostbriefe“ aus den Jahren 1943 und 1944 hinzukommen, engagiert fortzusetzen. Allerdings hofft sie inständig, dass sie niemals weitere „Feldpostbriefe“ wird redigieren müssen.
Worauf Sie, wie immer hofft, ist, dass sich wieder Autorinnen und Autoren finden, die mit kleinen und großen Beiträgen zu jenem „bunten Strauß“ beitragen, der das Heft seit seinem Anfang war.
Und Sie hoffen, dass nicht nur der Verein und seine Mitglieder weiter gedeihen, sondern auch, dass das Philippinum neben seiner Kernaufgabe das Schulleben weiter mit vielfältigen Aktivitäten bereichert. Auch darüber können Sie etwas lesen.
Seit über zwei Jahren ist es üblich geworden, sich auch im Alltag Gesundheit zu wünschen. Jetzt ist ein weiterer, gewiss ebenso großer und wichtiger Wunsch hinzugekommen: Friede.
Ich wünsche Ihnen beides und einen ruhigen Moment für die Lektüre des neuen Heftes.
Volker Schmidt